Im Bundestag wird es heute spannend. Die Wahl neuer Verfassungsrichter steht an. Seit Monaten ringen die Fraktionen um Mehrheiten. Das Besondere: Erstmals könnten Kandidaten ohne Stimmen von AfD und Linke gewählt werden. Ein demokratisches Experiment, das ich aus nächster Nähe beobachte.
Die Verfassungsrichterwahl benötigt normalerweise eine Zweidrittelmehrheit. Das bedeutet: 487 von 730 Abgeordneten müssen zustimmen. Bisher wurden solche Wahlen fraktionsübergreifend entschieden. «Wir stehen vor einer neuen politischen Realität«, erklärt mir Verfassungsrechtler Prof. Christoph Möllers. «Das Bundesverfassungsgericht muss auch in polarisierten Zeiten handlungsfähig bleiben.»
Gestern noch im Rechtsausschuss. Die Stimmung: angespannt. Zwei Kandidaten stehen zur Wahl: Dr. Barbara Weber und Prof. Martin Klingenberg. Ihre Qualifikationen sind unbestritten. Dennoch: Die neue Strategie sorgt für Diskussionen.
Beim Kaffee im Parlamentsrestaurant treffe ich eine langjährige Abgeordnete. «Es geht um Demokratieschutz«, sagt sie. «Aber auch um die Frage, ob wir bestimmte Parteien ausgrenzen dürfen.» Sie wirkt nachdenklich.
Was heute im Parlament geschieht, könnte ein Präzedenzfall werden. Die Demokratie ringt mit sich selbst. Wie viel Ausgrenzung verträgt sie? Wie inklusiv muss sie sein? Ich werde heute dabei sein, wenn der Bundestag diese Fragen beantwortet. Nicht abstrakt, sondern mit konkreten Stimmen für konkrete Personen.