Die Debatte um die Vergesellschaftung großer Wohnungskonzerne in Berlin spitzt sich dramatisch zu. Seit dem erfolgreichen Volksentscheid 2021, bei dem 59 Prozent der Berliner für die Enteignung von Wohnungsunternehmen stimmten, herrscht in der Hauptstadt politischer Stillstand. Die Umsetzung des Bürgerwillens stockt merklich.
Der schwarz-rote Senat zeigt sich tief gespalten. Während die SPD um Bausenator Christian Gaebler zumindest Kompromissbereitschaft signalisiert, lehnt die CDU unter Kai Wegner das Vorhaben grundsätzlich ab. «Enteignungen schaffen keine einzige neue Wohnung», betont Wegner regelmäßig. Die Initiative «Deutsche Wohnen & Co. enteignen» reagiert mit wachsendem Unmut. «Der Senat missachtet den demokratischen Willen der Berliner», kritisiert Sprecherin Veza Clute-Simon bei einer Demonstration vor dem Roten Rathaus.
In Kreuzberg und Neukölln spürt man die Wohnungsnot besonders deutlich. Die Mieten steigen unaufhaltsam, während verfügbarer Wohnraum immer knapper wird. Als Journalist beobachte ich seit Jahren, wie ganze Kieze ihr Gesicht verändern. Wo früher Familien wohnten, entstehen Luxusapartments.
Die Expertenkommission hat ihre Arbeit bereits abgeschlossen und einen Rahmen für die rechtliche Umsetzung geschaffen. Nun liegt der Ball beim Senat. Ob Berlin tatsächlich den radikalen Schritt der Vergesellschaftung wagt oder einen politischen Kompromiss findet, bleibt offen. Die Stadt steht vor einer Grundsatzentscheidung, die das Gesicht der Hauptstadt für Generationen prägen könnte.