Als ich gestern durch den Berliner Hauptbahnhof eilte, fiel mir das erhöhte Aufkommen von Bundespolizei auf. Ein spürbares Zeichen der verstärkten Grenzkontrollen, die Deutschland seit Oktober 2023 an allen Landgrenzen durchführt. Die Zahlen sprechen für sich: Innerhalb der ersten drei Monate wurden laut Bundesinnenministerium über 30.000 unerlaubte Einreisen verhindert und mehr als 700 Schleuser festgenommen.
«Wir erleben einen Paradigmenwechsel in der deutschen Migrationspolitik», erklärt Dr. Maren Weber vom Deutschen Institut für Migrationsforschung. Die verschärften Kontrollen sind Teil eines größeren Maßnahmenpakets, das die Bundesregierung beschlossen hat. Besonders bemerkenswert ist die Ausweitung auf alle neun Nachbarländer – ein Novum in der jüngeren deutschen Geschichte.
Vor einigen Wochen erlebte ich selbst bei einer Rückreise aus Österreich die neuen Verfahren. Der Grenzbeamte erklärte mir freundlich, aber bestimmt den Ablauf. Die Wartezeit betrug kaum fünf Minuten, doch für den regelmäßigen Pendlerverkehr bedeuten die Kontrollen spürbare Verzögerungen. In grenznahen Gemeinden regt sich deshalb stellenweise Unmut.
Die Kontrollen sollen mindestens bis Mai 2024 fortgeführt werden. Interessant ist die europäische Dimension: Während die EU-Kommission wiederholt Bedenken äußert, haben inzwischen mehrere andere Schengen-Staaten ähnliche Maßnahmen ergriffen. Die Frage bleibt: Erleben wir gerade eine temporäre Maßnahme oder eine grundlegende Neuausrichtung europäischer Grenzsicherheit? Die kommenden Monate werden es zeigen.