Der Duft von frischen Tannennadeln liegt bereits Anfang Dezember in vielen Hamburger Wohnzimmern. Was früher undenkbar schien, ist heute Realität: Immer mehr Hamburger stellen ihren Weihnachtsbaum deutlich vor Heiligabend auf. Diese Entwicklung bestätigen mehrere Weihnachtsbaumverkäufer aus dem Hamburger Stadtgebiet.
«Vor zehn Jahren haben wir den Großteil unserer Bäume in der Woche vor Weihnachten verkauft. Heute beginnt der Hauptansturm schon Anfang Dezember», berichtet Jörg Hansen, der seit über 20 Jahren einen Weihnachtsbaumstand in Eimsbüttel betreibt. Diese Saison verzeichnete er bereits am ersten Adventswochenende doppelt so viele Verkäufe wie im Vorjahr.
Der Trend zum frühen Baumkauf hat verschiedene Gründe. Viele Familien möchten die festliche Atmosphäre länger genießen, gerade wenn Kinder im Haus sind. «Die Menschen sehnen sich nach einem längeren Weihnachtsgefühl», erklärt Sozialpsychologin Dr. Maria Schmidt von der Universität Hamburg. «In unsicheren Zeiten bieten Traditionen wie der Weihnachtsbaum emotionalen Halt und ein Gefühl von Normalität.»
Auch praktische Gründe spielen eine Rolle. Wer früh kauft, hat eine größere Auswahl und vermeidet den Stress der letzten Tage vor dem Fest. «Viele unserer Stammkunden kommen gezielt in der ersten Dezemberwoche, um ihren Lieblingsbaum zu sichern», sagt Tannenbaumproduzent Peter Lüdemann aus dem Alten Land. Seine Nordmanntannen sind besonders gefragt, da sie kaum nadeln und bei guter Pflege bis zu vier Wochen frisch bleiben.
Die längere Standzeit der Bäume wirkt sich auch auf die Kaufentscheidung aus. Früher waren günstigere Fichten beliebt, die allerdings schneller nadeln. Heute greifen rund 80 Prozent der Hamburger Käufer zur etwas teureren, aber langlebigeren Nordmanntanne. «Ein guter Baum ist eine Investition in die Weihnachtsstimmung», findet Hamburgerin Claudia Behrens, die ihren Baum dieses Jahr bereits am 1. Dezember aufgestellt hat.
Die Preisspanne für Weihnachtsbäume in Hamburg ist breit. Während Discounter Nordmanntannen ab etwa 20 Euro anbieten, kosten qualitativ hochwertige Exemplare bei spezialisierten Händlern zwischen 30 und 80 Euro, je nach Größe und Wuchsform. Trotz steigender Produktionskosten sind die Preise im Vergleich zum Vorjahr nur moderat um etwa 5 bis 8 Prozent gestiegen.
Umweltbewusste Hamburger achten zunehmend auf regionale Herkunft ihrer Weihnachtsbäume. «Die Nachfrage nach Bäumen aus der Region nimmt stetig zu», bestätigt Förster Thomas Weidemann, der einen kleinen Weihnachtsbaumhof am Stadtrand betreibt. «Unsere Kunden schätzen die kurzen Transportwege und die Möglichkeit, ihren Baum selbst auszuwählen und zu schlagen.»
Eine weitere interessante Entwicklung: Immer mehr junge Hamburger entscheiden sich für kleinere Bäume zwischen 1,20 und 1,50 Metern. «In den vielen kleinen Stadtwohnungen ist oft nicht mehr Platz», erklärt Händler Mike Schmidt vom Weihnachtsbaummarkt am Jungfernstieg. Diese Bäume werden häufig auf Tische oder Kommoden gestellt und sind besonders bei Singles und Paaren in Mehrfamilienhäusern beliebt.
Der frühe Kauf bedeutet auch besondere Herausforderungen bei der Baumpflege. Experten empfehlen, den Stamm frisch anzuschneiden und den Baum in einen wassergefüllten Ständer zu stellen. «Ein Baum trinkt in den ersten Tagen bis zu zwei Liter Wasser täglich», weiß Gärtnermeister Lars Petersen. Ein regelmäßiger Wassernachschub und ein kühler Standort fernab von Heizungen verlängern die Lebensdauer erheblich.
Nach den Feiertagen sorgt die Stadtreinigung Hamburg für die umweltgerechte Entsorgung. An festgelegten Terminen können abgeschmückte Bäume an den Straßenrand gelegt werden. «Im letzten Jahr haben wir rund 200.000 Weihnachtsbäume eingesammelt und zu Kompost verarbeitet», berichtet Stadtreinigungssprecher Stefan Meyer.
Egal ob früh oder spät gekauft – der Weihnachtsbaum bleibt für die meisten Hamburger ein unverzichtbarer Teil des Festes. Er bringt Licht und Wärme in die dunkle Jahreszeit und verwandelt Wohnungen in festliche Orte der Zusammenkunft. Und vielleicht ist gerade das der Grund, warum viele Menschen dieses besondere Gefühl immer früher in ihr Zuhause holen möchten.