In Berlin läuft seit September eine umstrittene Initiative. Das Volksbegehren «Berlin Werbefrei» will kommerzielle Außenwerbung stark einschränken. Bereits über 32.000 Unterschriften wurden gesammelt, wie die Initiatoren mitteilten. Ziel sind 240.000 Unterschriften bis März 2024.
Die Kampagne möchte Berlins Straßenbild verändern. Großflächige Werbetafeln, digitale Displays und beleuchtete City-Light-Poster sollen verschwinden. «Der öffentliche Raum gehört allen Berlinern, nicht der Werbeindustrie», erklärt Sprecherin Fenja Möller. Nur noch kleine Werbeflächen an Kiosken und Bushaltestellen würden bleiben.
Die Wirtschaft schlägt Alarm. «Ein Werbeverbot kostet Berlin jährlich 50 Millionen Euro an Einnahmen», warnt Martin Blach vom Fachverband Außenwerbung. Gerade die Kulturszene profitiert von günstigen Werbeflächen – das weiß ich aus Gesprächen mit kleinen Theatern im Prenzlauer Berg.
Kritiker sehen das Vorhaben als typische Berliner Symbolpolitik. Während die Stadt mit Wohnungsnot und maroder Infrastruktur kämpft, konzentriert man sich auf Werbetafeln. Am Kottbusser Tor sagte mir ein Kioskbesitzer: «Ohne die Leuchtreklame wird’s hier nachts noch dunkler und unsicherer.»
Die Initiative argumentiert mit Umweltschutz und weniger Konsumzwang. Doch ob ein werbefreies Berlin die großen Probleme der Stadt löst, bezweifeln viele. Die Diskussion zeigt wieder einmal: In Berlin prallen Idealismus und Pragmatismus besonders heftig aufeinander.