Als ich gestern die Nachricht las, dass der Verband der Familienunternehmer Gesprächsbereitschaft mit der AfD signalisiert, fühlte ich eine Mischung aus Überraschung und Nachdenklichkeit. Nach jahrelanger Distanzierung scheint sich etwas zu verschieben in der Wirtschaftswelt. Unser demokratisches Gefüge steht vor einer Bewährungsprobe, wenn etablierte Verbände ihre Haltung zu umstrittenen Parteien überdenken.
Die Familienunternehmer argumentieren mit demokratischen Grundsätzen. Ihr Präsident Rainer Kirchdörfer betont: «Als Demokraten können wir nicht einfach ein Viertel der Wähler ignorieren.» Eine pragmatische Position, die jedoch Fragen aufwirft. Bei einem Spaziergang durch die Innenstadt fiel mir auf, wie kontrovers dieses Thema diskutiert wird. Ein Ladenbesitzer erklärte mir seine wirtschaftlichen Sorgen, während die Buchhändlerin nebenan die demokratischen Werte in Gefahr sieht. Besonders die Positionen der AfD zu Europa und Migration bereiten vielen Unternehmern Kopfzerbrechen. Gleichzeitig drängt der wirtschaftspolitische Gestaltungswille.
Die Reaktionen sind gespalten. Der BDI distanziert sich weiterhin klar, während der Mittelstand nach Gehör sucht. Vor einigen Monaten hätte ich diese Entwicklung nicht für möglich gehalten. Der schmale Grat zwischen demokratischem Dialog und Normalisierung problematischer Positionen wird zur Herausforderung für unsere Gesellschaft. Die Wirtschaft betritt politisches Neuland – mit ungewissem Ausgang.