Berlin erlebt weiterhin eine schleppende Erholung im Tourismussektor. Die erwartete Marke von 30 Millionen Übernachtungen für das Jahr 2024 wird die Hauptstadt wohl verfehlen. Nach aktuellen Prognosen werden etwa 28 Millionen Übernachtungen erwartet – eine deutliche Steigerung gegenüber dem Vorjahr, aber noch unter den Erwartungen der Tourismusbranche.
«Die Entwicklung zeigt zwar nach oben, aber langsamer als wir gehofft hatten», erklärt Burkhard Kieker, Geschäftsführer von Visit Berlin. Vor allem internationale Gäste kommen noch nicht wieder in der Zahl wie vor der Pandemie. Aus asiatischen Märkten wie China und Japan fehlen weiterhin viele Besucher, die früher das Stadtbild mitprägten.
Die Auslastung der Berliner Hotels liegt derzeit bei durchschnittlich 75 Prozent. Das ist besser als in den Krisenjahren, aber noch nicht auf Vor-Corona-Niveau. Besonders unter der Woche bleibt die Belegung hinter den Erwartungen zurück. Der Geschäftsreisetourismus hat sich strukturell verändert, da viele Meetings inzwischen digital stattfinden.
Die Bezirke Mitte, Charlottenburg-Wilmersdorf und Friedrichshain-Kreuzberg verzeichnen die meisten Übernachtungen. Besonders Friedrichshain-Kreuzberg wächst als Tourismusmagnet und zieht jüngere Besucher an, die das pulsierende Nachtleben und die alternative Kulturszene schätzen.
«Berlin bleibt attraktiv, aber wir müssen uns stärker um Qualitätstourismus bemühen», betont Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey. Die Stadt arbeitet an Konzepten, um die Aufenthaltsdauer zu verlängern und Besucher auch in weniger frequentierte Bezirke zu locken. So sollen Veranstaltungen und Sehenswürdigkeiten außerhalb des S-Bahn-Rings stärker beworben werden.
Das durchschnittliche Preisniveau in Berliner Hotels ist gestiegen. Eine Übernachtung kostet im Mittel 119 Euro – etwa 15 Prozent mehr als vor der Pandemie. Dies spiegelt sowohl die allgemeine Inflation als auch Bemühungen der Hoteliers wider, durch höhere Qualität mehr Ertrag zu erwirtschaften.
Für das kommende Jahr rechnet die Branche mit einem weiteren Anstieg auf etwa 29 Millionen Übernachtungen. Die Marke von 30 Millionen könnte dann 2026 erreicht werden, sofern sich die wirtschaftliche Lage stabilisiert und internationale Reiseströme weiter normalisieren.
Der Tourismus bleibt ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für Berlin. Rund 230.000 Arbeitsplätze hängen direkt oder indirekt vom Besucherverkehr ab. «Jeder Tourist gibt im Schnitt 210 Euro pro Tag in der Stadt aus», erläutert Kieker. «Das sichert Arbeitsplätze in Hotellerie, Gastronomie, Einzelhandel und Kultureinrichtungen.»
Anwohner in touristisch stark frequentierten Vierteln sehen die Entwicklung gemischt. «Wir brauchen den Tourismus, aber er muss verträglich sein», sagt Marion Hoffman vom Anwohnernetzwerk Friedrichshain. In einigen Kiezen führen Ferienwohnungen zu Wohnraumverknappung und nächtlicher Lärm zu Konflikten.
Die Stadt arbeitet daher an einem ausgewogenen Tourismuskonzept, das sowohl wirtschaftliche Interessen als auch Anwohnerbelange berücksichtigt. «Berlin soll für alle lebenswert bleiben – für Einheimische und Besucher», betont Giffey. Eine bessere Verteilung der Touristenströme über das Stadtgebiet und die Förderung nachhaltiger Tourismusformen stehen dabei im Mittelpunkt.