Wenn der Juni in Erfurt die Altstadt in eine bunte Zeitreise verwandelt, weiß jeder Einheimische: Das Krämerbrückenfest steht vor der Tür. Seit gestern und noch bis morgen beleben Gaukler, Handwerker und Musikanten die historischen Gassen. Die älteste und längste durchgehend mit Häusern bebaute Brücke Europas bildet dabei das glanzvolle Zentrum des Spektakels, das jährlich über 100.000 Besucher anzieht.
Zwischen Domplatz und Benediktsplatz entfaltet sich eine mittelalterliche Welt voller Sinneseindrücke. «Das Fest verbindet auf einzigartige Weise Geschichte mit lebendigem Brauchtum und schafft ein kulturelles Erlebnis für alle Generationen», erklärt Festorganisatorin Kerstin Schmidt. Besonders das Handwerk beeindruckt mich jedes Jahr aufs Neue – die Glasbläser, Korbflechter und Schmuckdesigner zeigen ihr Können in offenen Werkstätten.
Gestern erlebte ich am Wenigemarkt, wie ein kleiner Junge staunend einem Schmied bei der Arbeit zusah. Solche Momente machen den besonderen Charme des Festes aus. Auf vier Bühnen sorgen derweil Bands und Künstler für musikalische Untermalung – von mittelalterlichen Klängen bis zu modernen Interpretationen.
Während die Erfurter dieses kulturelle Highlight genießen, spürt man den wachsenden Stolz auf das immaterielle Kulturerbe der Stadt. Das Krämerbrückenfest steht für eine lebendige Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart. In Zeiten digitaler Unterhaltung scheint die Sehnsucht nach authentischen, gemeinschaftlichen Erlebnissen ungebrochen – ein Phänomen, das weit über die Grenzen Thüringens hinaus zu beobachten ist.