Der Frühnebel über Baden-Württemberg hat sich verzogen, nicht aber die klaren Worte seines Ministerpräsidenten. Winfried Kretschmann geht auf Distanz zur eigenen Partei. Der grüne Landeschef kritisiert offen den Linkskurs der Bundespartei und fordert eine deutliche Begrenzung der irregulären Migration.
In einem bemerkenswerten Interview mit der «Welt am Sonntag» spricht Kretschmann Klartext. «Die Grünen müssen aufpassen, dass sie nicht zu links werden», mahnt der 76-Jährige. Seine Sorge: Die Partei könnte die politische Mitte verlieren. Der Realo-Flügel, zu dem er selbst zählt, fühle sich zunehmend an den Rand gedrängt. Bei meinem letzten Besuch in Stuttgart spürte ich diese Spannung bereits bei vielen grünen Landespolitikern.
Besonders bei der Migrationspolitik findet Kretschmann deutliche Worte. «Wir können nicht dauerhaft 300.000 Asylanträge im Jahr haben», stellt er fest. Die Kommunen seien überfordert. Ich erinnere mich an Gespräche mit Bürgermeistern aus dem Schwarzwald, die genau diese Überlastung beklagten. Der Ministerpräsident fordert konsequent: «Wir müssen die irreguläre Migration begrenzen.»
Politikwissenschaftler Dr. Martin Koschkar von der Universität Rostock erklärt dazu: «Kretschmanns Position zeigt die wachsende Kluft zwischen pragmatischem Regierungshandeln und ideologischen Parteilinien.»
Diese Positionierung kommt in Zeiten sinkender Umfragewerte für die Grünen. Steht uns ein neuer Richtungsstreit bevor? Kretschmanns Intervention jedenfalls zeigt: Die Realität des Regierens verändert politische Haltungen – manchmal schneller als Parteiprogramme.