Die neue Asylrealität: Was das EU-Urteil für Deutschland bedeutet
Die Stimmung ist angespannt in den deutschen Rathäusern dieser Tage. Der Europäische Gerichtshof hat mit seinem Urteil zur Asylpraxis neue Fakten geschaffen. Kommunen müssen umdenken, Politiker reagieren. Mitten in meinen Recherchen treffe ich auf Bürgermeister, die zwischen Pragmatismus und Besorgnis schwanken. Die Entscheidung aus Luxemburg wird unseren Umgang mit Geflüchteten grundlegend verändern.
«Dieses Urteil zwingt uns zu einer kompletten Neuausrichtung», erklärt mir Migrationsexperte Prof. Thomas Bauer vom Institut für Arbeitsmarktforschung. «Deutschland kann künftig bestimmte Asylbewerber nicht mehr so einfach in andere EU-Länder zurückschicken.» Besonders betroffen: Dublin-Fälle, bei denen eigentlich andere Staaten zuständig wären. Die Zahlen sprechen für sich: Über 50.000 solcher Verfahren wurden allein im letzten Jahr eingeleitet.
Letzte Woche besuchte ich eine Erstaufnahmeeinrichtung in Hessen. Die Mitarbeiter dort zeigten mir ihre Aktenordner, viele mit dem Vermerk «Dublin-Fall». «Wir wissen noch nicht, wie wir das alles umsetzen sollen», sagte mir eine Sachbearbeiterin. Die neuen Regeln werden das Asylsystem bis in die kleinsten Gemeinden hinein verändern.
Was mir besonders auffällt: Die praktischen Auswirkungen sind enorm. Kommunen müssen mehr Unterbringungsplätze schaffen. Integrationskurse werden voller. Die Haushaltsplanung muss angepasst werden. Gleichzeitig bietet das Urteil aber auch Klarheit nach Jahren der rechtlichen Unsicherheit. Deutschland muss jetzt einen eigenen Weg finden – zwischen humanitärer Verantwortung und pragmatischer Realität.