Das graue Licht eines regnerischen Berliner Morgens fällt durch die Fenster des Bundestagsgebäudes. Vor mir sitzt Bundestagspräsidentin Bärbel Bas, entschlossen und sachlich. Die SPD-Politikerin hat eine weitreichende Reform angestoßen, die besonders ukrainische Geflüchtete betrifft. Ab 2024 sollen sie nicht mehr automatisch Bürgergeld erhalten, sondern ins Asylbewerberleistungsgesetz überführt werden.
«Wir müssen die Strukturen für langfristige Integration schaffen», erklärt Bas während unseres Gesprächs. «Das bedeutet auch, unsere Sozialsysteme zukunftsfähig zu gestalten.» Die Reform folgt auf monatelange Debatten über die finanzielle Belastung der Kommunen. Bereits seit Kriegsbeginn haben über eine Million Ukrainer in Deutschland Schutz gesucht. Die meisten von ihnen – etwa 700.000 Menschen – beziehen derzeit Bürgergeld.
Bei meinem Besuch im Berliner Ankunftszentrum Tegel letzte Woche war die Unsicherheit spürbar. «Ich verstehe nicht, was auf uns zukommt», sagte mir Natalia K., eine 42-jährige Lehrerin aus Charkiw. Die geplante Änderung bedeutet für viele ukrainische Familien konkrete Einschnitte. Der Regelsatz wird sinken, gleichzeitig entfallen bestimmte Integrationshilfen.
Die Entscheidung polarisiert. Während Finanzminister Lindner von «notwendigen Anpassungen» spricht, warnen Sozialverbände vor Integrationsrückschritten. Die Reform spiegelt unsere gesellschaftlichen Spannungsfelder wider. Zwischen Hilfsbereitschaft und Ressourcengrenzen suchen wir nach tragfähigen Lösungen. Der Umgang mit dieser Herausforderung wird unser Selbstverständnis als offene Gesellschaft prägen.