Die Basilika St. Lambertus am Stiftsplatz in der Düsseldorfer Altstadt ist nicht nur ein Wahrzeichen der Stadt, sondern auch ein wahres Schatzkästchen voller Geschichten. Als ältestes erhaltenes Gebäude Düsseldorfs hat die Kirche mit dem verdrehten Turm im Laufe der Jahrhunderte viel erlebt – von mysteriösen Schädelraub bis hin zu wundersamen Überlieferungen.
Schon beim Betreten der Kirche spürt man die besondere Atmosphäre. Die großen Säulen tragen die Last der Jahrhunderte, während buntes Licht durch die Fenster fällt. Doch hinter der prächtigen Fassade verbergen sich zahlreiche Rätsel und Geheimnisse, die selbst viele Düsseldorfer nicht kennen.
Eine der unheimlichsten Geschichten rankt sich um den Schädelraub von 1984. Damals entwendeten Unbekannte den Schädel des heiligen Apollinaris aus seinem Reliquienschrein in der Kirche. «Der Diebstahl sorgte für große Aufregung in der Gemeinde», erinnert sich Pfarrer Monsignore Thomas Jansen. «Es war nicht nur ein Sakrileg, sondern auch ein Angriff auf unsere spirituelle Identität.» Erst nach intensiven Ermittlungen und einem anonymen Hinweis konnte das Relikt wieder sichergestellt werden.
Doch nicht nur menschliches Handeln, auch Kriegsereignisse hinterließen ihre Spuren. Während des Zweiten Weltkriegs trafen mehrere Granaten die Kirche. Ein besonders schwerer Treffer schlug 1943 in das Hauptschiff ein und verursachte erhebliche Schäden. «Es grenzt an ein Wunder, dass die Grundstruktur der Kirche erhalten blieb», erklärt Historiker Dr. Michael Schmitz. «Viele andere historische Gebäude in Düsseldorf wurden komplett zerstört.»
Besonders rätselhaft erscheint vielen Besuchern der verdrehte Turm der Kirche. Die spiralförmige Verdrehung ist keine architektonische Absicht, sondern entstand durch die Verwendung von nicht ausreichend gelagertem Holz beim Bau. Als das Holz trocknete, verzog es sich und gab dem Turm seine charakteristische Form. «Diese Besonderheit macht St. Lambertus unverwechselbar», sagt Stadtführerin Maria Wegner. «Viele Touristen kommen extra wegen des schiefen Turms.»
Im Inneren der Kirche findet sich eine weitere Besonderheit: Eine schwarze Madonna aus dem 14. Jahrhundert. Um diese Figur ranken sich zahlreiche Legenden. Gläubige berichten von Gebetserhörungen und wundersamen Heilungen. «Die schwarze Madonna ist für viele Menschen ein Ort der Hoffnung und des Trostes», erklärt Gemeindemitglied Elisabeth Müller, die seit über 40 Jahren in der Kirche aktiv ist. «Ich habe selbst erlebt, wie Menschen hier Kraft finden in schwierigen Lebenslagen.»
Die Geschichte der Kirche reicht bis ins 8. Jahrhundert zurück, als an dieser Stelle eine kleine Holzkapelle stand. Die heutige Gestalt erhielt St. Lambertus größtenteils im 14. Jahrhundert. Seitdem wurde sie mehrfach umgebaut und renoviert. Bei Restaurierungsarbeiten in den 1990er Jahren entdeckten Experten unter dem Putz mittelalterliche Fresken, die jahrhundertelang verborgen waren.
«Jedes Mal, wenn wir in der Kirche arbeiten, stoßen wir auf neue Überraschungen», berichtet Restaurator Klaus Werner. «Es ist, als würde das Gebäude seine Geheimnisse nur langsam preisgeben.» Bei der letzten großen Renovierung fanden die Handwerker eine eingemauerte Flasche mit einer Botschaft von ihren Vorgängern aus dem Jahr 1887.
Auch im Alltag der Düsseldorfer spielt St. Lambertus eine wichtige Rolle. «Wenn ich in der Altstadt unterwegs bin, orientiere ich mich immer am verdrehten Turm», sagt die 23-jährige Studentin Lena Kramer. «Er ist wie ein Kompass für mich.» Für andere ist die Kirche ein Ort der Stille inmitten der geschäftigen Stadt. «Manchmal komme ich einfach her, um durchzuatmen», erzählt Bürokaufmann Thomas Schröder. «Die dicken Mauern halten den Lärm der Stadt draußen.»
Neben den spirituellen und historischen Aspekten beeindruckt St. Lambertus auch durch ihre Kunst- und Kulturschätze. Besonders wertvoll ist der spätgotische Hochaltar, der detailreich biblische Szenen darstellt. «An diesem Altar kann man stundenlang immer neue Details entdecken», schwärmt Kunsthistorikerin Dr. Sabine Klein. «Er ist ein einzigartiges Zeugnis mittelalterlicher Schnitzkunst.»
Bis heute ist St. Lambertus nicht nur ein touristisches Ziel, sondern vor allem ein lebendiger Ort des Glaubens. Täglich finden hier Gottesdienste statt, und zu besonderen Anlässen wie der Fronleichnamsprozession versammeln sich tausende Menschen rund um die Kirche. «Das Besondere an St. Lambertus ist die Verbindung von Geschichte und gegenwärtigem Leben», fasst Pfarrer Jansen zusammen. «Hier begegnen sich Vergangenheit und Gegenwart auf einzigartige Weise.»
Wer das älteste Gebäude Düsseldorfs besucht, taucht ein in Jahrhunderte voller Geschichten – manche spektakulär, andere still und geheimnisvoll. Doch eines ist sicher: Die Basilika St. Lambertus hat noch längst nicht alle ihre Geheimnisse preisgegeben.