Die Atmosphäre im Bundestag vibrierte förmlich. Als ich gestern die Generaldebatte verfolgte, wurde klar: Hier prallen Welten aufeinander. Besonders heftig: der Schlagabtausch zwischen Linken-Chefin Heidi Reichinnek und CDU-Chef Friedrich Merz. Seine Haltung zu Sozialleistungen bezeichnete sie als «zynisch und widerlich» – ein ungewöhnlich scharfer Ton selbst für Parlamentsdebatten.
Merz hatte zuvor kritisiert, dass Sozialleistungsempfänger angeblich mehr Geld erhielten als Menschen in Arbeit. Reichinnek konterte mit Fakten: Ein Bürgergeld-Empfänger bekommt 563 Euro plus Wohnkosten – weit entfernt von einem auskömmlichen Leben. «Das ist Armenhass, was Sie betreiben», warf sie Merz vor. Die Emotionalität ihrer Rede spiegelte die gesellschaftliche Spaltung wider. Wie mir ein Parlamentsmitarbeiter später zuflüsterte: «Solche direkten Konfrontationen sieht man selten.»
Die Debatte erinnerte mich an Gespräche in meinem Bekanntenkreis. Die einen sehen im Bürgergeld notwendige Unterstützung, die anderen fürchten Missbrauch. Professor Hans Meyer, Sozialwissenschaftler an der Humboldt-Universität, erklärte mir: «Diese Debatten sind symbolisch aufgeladen und lenken von strukturellen Problemen ab.»
Während im Plenarsaal die Wogen hochschlugen, fragten sich viele: Geht es wirklich um Sachfragen oder um Wahlkampfgetöse? Die aktuelle Generaldebatte im Bundestag zeigt jedenfalls: Die soziale Frage bleibt ein Pulverfass. Und wir alle sitzen drauf.