In Hamburg formiert sich Widerstand unter Schülerinnen und Schülern gegen die mögliche Wiedereinführung der Wehrpflicht. Für den 5. Dezember 2024 ist ein Schulstreik geplant, bei dem Jugendliche während der Unterrichtszeit demonstrieren wollen. Die Initiative hat in den sozialen Medien bereits einige Aufmerksamkeit erregt und sorgt für kontroverse Diskussionen.
«Keine Waffe in unserer Hand» lautet das Motto der geplanten Demonstration. Die Organisatoren, eine Gruppe von Oberstufenschülern aus verschiedenen Hamburger Gymnasien, kritisieren die Pläne der Bundesregierung zur Reaktivierung einer Form der Wehrpflicht. «Wir sehen unsere Zukunft nicht in Uniform und mit Gewehr«, erklärt Lena Wegner, eine der Sprecherinnen der Initiative, im Gespräch mit unserer Redaktion.
Die Hamburger Schulbehörde reagiert zurückhaltend auf die Ankündigung. «Politisches Engagement junger Menschen ist grundsätzlich begrüßenswert, sollte aber außerhalb der Unterrichtszeit stattfinden«, teilt ein Sprecher mit. Die Behörde erinnert daran, dass Schülerinnen und Schüler der Schulpflicht unterliegen und unentschuldigtes Fehlen Konsequenzen haben kann.
Rechtlich gesehen haben Schulen wenig Spielraum: Unentschuldigtes Fehlen wird als Ordnungswidrigkeit betrachtet. Je nach Häufigkeit können Verweise erteilt werden, im Extremfall drohen sogar Bußgelder für die Erziehungsberechtigten. «Das Demonstrationsrecht ist ein hohes Gut, entbindet aber nicht von der Schulpflicht«, betont Schulsenator Ties Rabe.
Bei Lehrkräften und Eltern gehen die Meinungen auseinander. «Politische Bildung findet nicht nur im Klassenzimmer statt«, meint Martin Halder, Lehrer an einem Gymnasium in Eimsbüttel. Die Elternvertreterin Sabine Krämer sieht es anders: «Es gibt genug Möglichkeiten, nach Schulschluss oder am Wochenende zu demonstrieren.»
Der Protest der Hamburger Schüler reiht sich ein in eine bundesweite Debatte. Die Bundesregierung prüft derzeit verschiedene Modelle einer möglichen Wehrdienstpflicht, darunter auch das schwedische Modell einer selektiven Einberufung junger Erwachsener.
Besonders brisant: Die Diskussion fällt in eine Zeit, in der die Bundeswehr mit Nachwuchsproblemen kämpft. Aktuell fehlen rund 20.000 Soldatinnen und Soldaten. Gleichzeitig hat die veränderte Sicherheitslage in Europa die Debatte um die Landesverteidigung neu entfacht.
Der 17-jährige Elian Müller, Mitorganisator der Demo, erklärt: «Wir verstehen die Sorgen um die Sicherheit. Aber wir glauben nicht, dass eine erzwungene Dienstpflicht die Lösung ist.» Seine Mitstreiterin Sophie Lehmann ergänzt: «Wir wollen mitreden, wenn es um unsere Zukunft geht.»
Die Organisatoren rechnen mit mehreren hundert Teilnehmern. Sie haben inzwischen auch Kontakt zu Friedensinitiativen und Jugendverbänden aufgenommen, um Unterstützung zu erhalten. Die Route soll vom Jungfernstieg zum Rathaus führen.
Ob der Schulstreik tatsächlich die erhoffte Wirkung entfaltet, bleibt abzuwarten. Klar ist jedoch: Die junge Generation will in der Debatte um Wehrdienst und Sicherheitspolitik gehört werden. Und das Thema wird Hamburg noch eine Weile beschäftigen – in Klassenzimmern, an Esstischen und möglicherweise auch auf der Straße.